Seite 2 (9.Dezember 2010)

SOZIALKAUFHAUS VON RABAUKE E.V. BLICKT AUF EIN ERFOLGREICHES ERSTES JAHR

„Wir haben in Reinickendorf-Ost eine Lücke geschlossen"

REINICKENDORF-OST. Am 3. November 2009 eröffnete der Verein RABAUKE e.V. das Sozialkaufhaus in der Hausotter­straße 3. Auf 115 Quadratmetern werden seitdem Babysachen bis Abendgarderoben angeboten, Kleinmöbel und Haushalts­waren, Elektrogeräte, Puzzles, Bücher, Spielzeug, Schuhe und vieles mehr. Das alles für kleines Geld. Mehr als 10 000 Artikel sind hier untergebracht, das Angebot richtet sich an alle, eine besondere Bedürftigkeit muss nicht nachgewiesen werden. Die Waren sind ausschließlich Spenden. Ein gutes Jahr ist inzwischen vergangen, und am 1. November wurde bereits der erste Geburtstag gefeiert. Die Bilanz des ersten Jahres fällt überwiegend positiv aus, sagt Stefan Valentin im Interview mit dem NORD-BERLINER. Der 42-Jährige Bi­lanzbuchhalter ist Gründungs- sowie Vorstandsmitglied von RABAUKE e.V. und kümmert sich ehrenamtlich um das Sozialkaufhaus.

Herr Valentin, wer hatte ei­gentlich die Idee, ein solches Kaufhaus anzubieten?

Stefan Valentin: Das kann ich gar nicht mehr genau sagen. Auf jeden Fall waren wir alle dafür, als die Idee aufkam, da gab es einen breiten Konsens im Verein.

Der 1. Geburtstag wurde ge­feiert. Wie lautet das Fazit nach einem Jahr?

S. Valentin: Das fällt sehr po­sitiv aus. Die Hilfsbereitschaft der Menschen, etwas Gutes zu tun und Sachen zu spenden, ist enorm. Und unser Sponsor, die Sparda-Bank, hat mal eine Ak­tion unter seinen Mitarbeitern gestartet, da kam ein voll be­ladener Lkw hier an. Der La­den wird voll angenommen, so etwas wurde hier im Kiez ge­braucht. Wir haben auf jeden Fall eine Lücke geschlossen.

Aus welcher Ecke kommt hauptsächlich die Kund­schaft?

S. Valentin: Angesichts der günstigen Preise könnte man ja vermuten, das seien alles Hartz-IV-Empfänger. Dem ist aber nicht so, da sind auch vie­le aus der arbeitenden Bevölke­rung darunter, sicher auch Leu­te, die es eigentlich nicht nötig hätten, bei uns einzukaufen. Aber wir fordern keine Nach­weise der Bedürftigkeit, unser Laden steht allen offen.

Wie viele Leute besuchen das Kaufhaus in der Woche?

S. Valentin: Das kann ich nur schätzen, wir führen ja keine Strichliste. Mehr als hundert Leute pro Woche sind es si­cher, die hier etwas kaufen. Es gibt natürlich auch welche, die nichts kaufen, sondern einfach mal quatschen wollen. Das So­zialkaufhaus ist eben auch eine

Begegnungsstätte, diesen so­zialen Aspekt wollen wir nicht vernachlässigen.

Die Kunden kommen alle aus Reinickendorf, oder?

S. Valentin: Nein, keines­wegs, wir erhalten auch Be­such aus entfernteren Bezir­ken wie Lichtenrade. Oder ein Paar aus Frankfurt/Oder, das war auf Besuch in Berlin und hat den Tipp bekommen. Und kürzlich haben wir eine Spen­de aus Thüringen bekommen, einen Videorekorder. Fragen Sie mich bitte nicht, wie die auf uns gekommen sind. Ich weißes nicht.

Gibt's auch Nörgler unter den Kunden?

S. Valentin: Ja sicher, die blei­ben nicht aus. Einer Dame habe ich sogar mal Hausverbot er­teilt. Sie meckerte rum, wir sei­en nicht sozial, ein Euro für ein T-Shirt wäre doch wohl zu viel, woanders bekäme sie das güns­tiger. Sie stieg dann in einen neuen Mercedes ein, das fand ich reichlich unverschämt.

Welches sind die teuersten Artikel?

S. Valentin: So ein hochwer­tiger Lego-Baukasten kann schon mal 25 Euro kosten, was aber immer noch supergüns­tig ist. „Draußen" würde man dafür sicher 120 Euro auf den Tisch legen müssen. Wir haben auch schon mal ein Kinderhim­melbett für 35 Euro verkauft.

Was passiert mit den ganzen Einnahmen?

S. Valentin: Die Überschüsse fließen in andere Projekte für Kinder und Jugendliche im Be­zirk. Und wir haben Räume in der Hausotterstraße 10 ange­mietet, die wir zu einer weite­ren Begegnungsstätte ausbau­en wollen. Die Gelder bleiben alle in Reinickendorf, das ist uns wichtig.

Was hebt das Sozialkaufhaus von anderen Einrichtungen dieser Art ab?

S. Valentin: Manche sagen, wir wären ja fast schon eine Bou­tique für gehobene Ansprüche. Wir haben einfach den An­spruch, sauber zu sein, unsere Bücher beispielsweise, die alle nur 50 Cent kosten, sind neu­wertig. Ein Schmuddelimage kommt für uns nicht in Fra­ge. Dafür sorgen schon unsere Mitarbeiter, allen voran Betti­na Schumacher, die Mutter ei­nes Gründungsmitglieds von RABAUKE, die viel Herzblut in die ehrenamtliche Aufga­be steckt. Dazu kommt ein im Rahmen des Öffentlichen Be­schäftigungssektors festange­stellter Mitarbeiter und eine 400-Euro-Kraft.

Wie können Sie verhindern, dass sich ein Händler güns­tig im Sozialkaufhaus ein­deckt?

S. Valentin: Wir haben das im Verein diskutiert. Also wenn einer zehn Paar Damenschu­he kaufen will, dann geht das nicht. Es gab auch schon Leute, die den Preis verhandeln woll­ten. Aber bei uns wird nicht ge­handelt.

Letzte Frage: Haben Sie schon mal einen Kunden beim Klau­en erwischt?

S. Valentin: Nein, direkt er­wischt nicht. Aber wir haben schon manchmal gemerkt, dass was fehlt. Naja, wir sagen uns: Vielleicht war es eine Mut­probe oder der Dieb brauchte das wirklich.

Herr Valentin, ich danke Ih­nen für das Gespräch (mit Ste­fan Valentin sprach NORD­BERLINER-Redakteur Bernd Karkossa).